Ich glaube mittlerweile zu wissen, dass ich über Bright Eyes nicht objektiv schreiben oder sprechen kann. Eine Rezension über Bright Eyes, in der nicht mindestens 10 Mal "Ich" vorkommt, spricht nicht über Bright Eyes. Und gerade bei "
Motion Sickness", dem eben erschienen Live-Album, dass die Welt-Tournee zu "I'm wide awake it's Morning" nachzeichnet, vertieft sich das Gefühl, von meinem Ich sprechen zu müssen. Meinem Ich, dass ein Konzert dieser Tournee gesehen hat, meinem Ich, das damals in der Wiener Arena tapfer Rilo Kiley durchgestanden hat, um Conor Oberst beizuwohnen und von meinem Ich, das schließlich mit diesem lauen Gefühl im Magen die Halle verließ. Denn mir fehlte diese Sensation, die ich an Bright Eyes immer geliebt hatte. Zwischen uns hatte sich ein Graben aufgetan.
Das letzte "gute" Bright Eyes-Konzert an das ich mich erinnere, fand im Atomic Cafe in München statt. Conor Oberst stand allein mit einer Gitarre auf Bühne. Er trank, er beleidigte das Publikum, eine Zuschauerin kam auf die Bühne um ihn bei "A perfect Sonnet" auf seiner Gitarre zu begleiten, nach dem Konzert schnitt er das alte Frequency-Band von meinem Handgelenk und sagte: "Now you're free". Kurz, es fühlte sich gut an, weil die Intimität, die in den Texten lag, auch in der Live-Situation ihre Ensprechung fand. Danach wurde alles anders.
Motion Sickness verpflanzt mich wieder an den Ausgang der Arena, hinein in die unheimliche Menge, die Stunden zuvor für eine Karte wahlweise Morde begangen oder sexuelle Dienste angeboten hätte. Und die Musik aus den Boxen erinnert mich an das flaue Gefühl im Magen. Denn die Songs sind gut, die Aufnahmen lupenrein, es ist immer noch meine Lieblingsband, nur ist sie auf einmal eine Stadionband geworden. Und so mutiert Motion Sickness zu einer sado-masochistischen Erfahrung: Denn spätestens bei "Landlocked Blues" bin ich gerührt (ich denke an M., die mit ihrem neuen Freund damals knapp vor mir stand, umarmt) und wenn die Cd mit "Southern State" und dem Eliott Smith Cover, "The biggest lie", schließt, treten mir endgültig die Tränen in die Augen. Nur bitter, dass sich meine Lautsprecher-Boxen noch kälter anfühlen als ein windiger Abend vor den Toren der Arena, wo man sich abgeschlossen und einsam fühlt, obwohl und weil man alles andere als alleine ist.