Samstag, 20. Mai 2006

greenwood reibt an

waehrend andere musikalisch auf der hoehe der zeit sind, betrachte ich mich eher als musikhistoriker- oder zeitgeschichtler: wir wollen also wieder auf radiohead zu sprechen kommen. Von "I might be wrong" aus dem Album Amnesiac gibts eine schier unbarmherzige Live-Version. wem koennte man diese selbstanklage eher glauben als thom yorke. und jonny greenwood spielt toujour ein primitives riff, aber dermassen herb reibt der kerl an, dem ist ernst dabei. und dann irgendwann nach 2 oder drei strophen loest er das fatal in schoene akkorde auf. bald kann sich thom yorke dafuer erwaermen und setzt ein. wie gewohnt mit kopfstimme, und diese klingt doch klagend, weinerlich und verzagt. Aber kaum gewinnt dieser hoffungsstreif am horizont farbe, zerstoert greenwood die harmonien wieder, mit ruppigem rhythmus kehrt das riff wieder... i might be wrong.

Trackback URL:
https://creekpeople.twoday.net/stories/2038820/modTrackback

creekpeople - 20. Mai, 20:30

Monsieur Toujours dit toujours que "toujours" prend toujours un s.

gnomas - 20. Mai, 21:41

i might be wrong

assotsiationsklimbim - 21. Mai, 16:23

eine glücklicherweise nie umgesetzte idee für einen text: kneipe, der ich-erzähler ärgert sich über das dumme geschwätz der dummen menschen (eventuell herzscheiße dazu) und dann wird creep gespielt und der ich-erzähler paraphrasiert die alte anekdote, wonach greenwood vor dem refrain deswegen reinhaut, weil er a.) yorkens phil-spector-gewäsch nicht länger erträgt und b.) eine schmerzhafte handverletzung hat, der ich-erzähler denkt sich beim refrain, der so laut ist, dass die unterhaltung stockt: danke, jonny greenwood.

die eigentliche frage ist aber: wie ist denn nun sein soloalbum?

driftwood - 22. Mai, 09:40

Meinst du das? Weil eigentlich als Filmmusik intentiert.
Ich mag es sehr.
assotsiationsklimbim - 22. Mai, 11:34

meinte ich. ich weiß irgendwie nicht, zwar mochte ich das alles mal sehr, aber das ist doch vorbei, radiohead sind doch längst die neuen u2
assotsiationsklimbim - 22. Mai, 11:36

(interessanterweise, wenn man drüber nachdenkt, ist alles, was damals noch richtig war, aus heutiger perspektive gesehen damals schon falsch gewesen, nicht bloß heute durch die geschichte und die abnützung erst falsch geworden. geschichtlichkeit und pop, das ist sowas.)
driftwood - 23. Mai, 10:27

Finde ich nicht.
Ich mag noch viel Musik von früher und Radiohead sind seit vielen Jahren eine meiner Lieblingsbands. Sicher, diese "die neuen U2"-Phrase hört man zwar gelegentlich, aber ich frage mich immer, warum, und wenn, die U2 von wann. Weil so einfach ist es dann ja doch nicht.

(Das wäre mal einer genaueren Überlegung wert, wobei: wenn man so absolut denkt, dann hätte mein doch eigentlich damals schon sehen müssen, dass es falsch gewesen ist.)
assotsiationsklimbim - 23. Mai, 10:47

also ich kann derzeit den ganzen alten scheiß nicht mehr hören, bin so froh, dass das vorbei ist.

und ich persönlich habe das die neuen u2 nicht als spezifischen vergleich verwenden wollen, sondern nur im sinn von eine band, die schon lange langweilig und egal ist, aber das weder selber merkt, noch deren fans. natürlich könnte man da noch weiterdifferenzieren, aber darauf wollte ich gar nicht hinaus.

meine überlegung war ja eben die: es war zugleich damals richtig und von heute aus gesehen damals schon falsch, was man genau deswegen damals eben noch nicht erkennen konnte. mitte/ende der neunziger war in reaktion auf das, was man damals so als britpop (pulp, blur: artifizielles, reflektiertes, in-der-welt-seiendes, zitierendes, stylehaftes inszenieren) schätzte, radiohead (tiefsinn, psychomüll, herzscheiße, beichtgestus, kunsthandwerk, authentizität-konstruktion, geniekult, eigentlichkeit, eigenständigkeit, nach-innen-gerichtetheit) genau richtig (im meinem fall auch wunderbar mit der persönlichen phylogenese zusammenstimmend. in einem bestimmten alter bewirkt die allgemeine hormonelle verwirrung, dass man noch den schlimmsten dreck für gut hält). gesamtgeschichtlich gesehen ist aber objektiv das erste paradigma das schönere, wahrere, pop-gemäßere (eine auch wiederum geschichtliche wahrheit. weil sie aber jetzt für jetzt wahr ist, ist sie [so will es pops hier und jetzt] für immer wahr. außerdem ist es auch eine nichtgeschichtliche wahrheit: weil es in popmusik fortschritt gibt, sind unsere heutige wahrheiten tatsächlich objektiv wahrer als die alten, z.b. der neunziger). darum war radiohead von '92 bis ca '01 richtig, ab da aber immer schon falsch (natürlich über umwege auch wieder rettbar: "eben der schmalz ist ja die große kunst, weil eben bewußt gewählter und konstruierter schmalz etc." bleiben tuts das gift alter männer für junge seelen).
driftwood - 25. Mai, 15:58

Ich mag, wie du über Pop schreibst, wenn ich auch nicht durchgehend zustimme (denke nicht, in der Musik linearen Fortschrittsverlauf anzutreffen).
Deine beiden Beispiele sind dabei sicher nicht nur auf die 90er Jahre bezogen richtig, sondern stellen zwei ganz grundsätzliche Ausgangspunkte da. Das ersteres dem Pop-Gedanken mehr entspricht, sehe ich ebenso, würde es womöglich auch als den spannenderen Ansatz betrachten.

(Und als Radioheadfan widerspreche ich der Langweiligwerdung natürlich, was aber nur deine These bestätigt.)
assotsiationsklimbim - 25. Mai, 21:38

klar sind die beiden paradigmen allgemein gültige kriterien. ich kann nur eben am besten über 90er reden, weil das die einzige zeit ist, die ich schon genug selber erlebt und nicht bloß nachgelernt habe und die trotzdem schon vorbei genug ist.

noch zum linearen fortschritt: schon allein dadurch, dass alles vergangene vorhanden und zugänglich ist, kann und muss jede neue zeitgemäße musik alles vorige miteinbeziehen, ist also um alles vorige schlauer als alles vor ihr und also fortschrittlicher. natürlich geht das sprunghaft, zyklisch, brüchig, zerfransend und verwabernd und durch immer mehr wiederholungsschleifen samt unsauberen abzweigungslinien auf jeder unscharfen wiederholungsebene, was natürlich auch wieder fortschritt ist.
driftwood - 26. Mai, 17:17

Ich stoße mich wohl generell am "Fortschritts"-Begriff, weil er nahe legt, Vergangenes würde durch das Neue eine Abwertung erfahren. Musik wird durch die Zeit erweitert, ob sie dadurch besser und wahrer wird, ist eine andere Frage. Wobei: das führt nur wieder zu dieser Objektivitäts/Subjektitäts Debatte, die wir hier schon Mal hatten.
gnomas - 26. Mai, 09:31

neuen U2

ich finde die assotiations-schreibe (zB ueber musik) ebenfalls prima, und bin ebenfalls anderer meinung. das was da als fortschritt beschrieben wird, ist oft nur ein weiterlaufen der zeit, ein rieseln des sandes in der uhr, aber nicht notwendigerweise auch entwicklung. generell ist fortschritt nicht mehr, was er mal war: im mittelalter dachten die doch, dass alles zyklisch wiederkehrt, mit der neuzeit aber, besonders mit der industrialisierung war dann fortschritt angesagt, aber spaetestens seit dotcom-blasen platzten, glauben wir nicht mehr ans exponentiale.

ich denke nicht, dass radiohead die neuen u2 sind. vor ein paar jahren hiess es, travis waeren die neuen radiohead, die gehoerfaellig musizieren, waehrend radiohead idioteque (harrschaft nochmal, schon wieder was frankophones, bestimmt ein fehler drin... i might be wrong) aufgenommen haben. radiohead hat doch immer ein bisschen versucht, sich neu zu erfinden. wie bob dylan, der jedesmal, wenn ein album funktioniert hat, beim naechsten das gegenteil gemacht hat. Aha, von den 90ern in die 60er, bei mir also rueckschritt. Zur Verteidigung: Robert Zimmerman feierte vorgestern den 65., vielleicht hat er immer brav eingezahlt und geht jetzt in pension, um sich staerker dem seidenmalen widmen zu koennen (und anderes, was an der volkshochschule angeboten wird).

ja letztlich beneide ich euch ja nur, die ihr euch auf aktuelle musik beschraenkt, wissend, dass der rest seit mesopotamien da eh drin steckt , aber - es hat doch auch was gehetztes? ich hoere zuviel altes zeug. ich kann auch ungelesene tageszeitungen nicht wegwerfen, die stapeln sich, ich bin ein messy. Aber - ungelogen - seid ihr neurosenfrei? Dacht ich's mir doch.

driftwood - 26. Mai, 17:21

Eben.
Radiohead haben immer versucht, Stagnation zu vermeiden (und spätestens seit den Beatles ist das wohl ein Muss für Bands, weil Gutes zu wiederholen, als schlecht gilt).

Sich auf aktuelle Musik zu beschränken halte ich für einen ebenso großen Fehler, wie sie nicht zu hören. Eben weil im Neuen immer Altes steckt, muss man auch das Alte kennen, um es im Neuen erkennen zu können.
assotsiationsklimbim - 26. Mai, 18:57

nochmal zu fortschritt: ich denke doch, es ist klar geworden, dass ich fortschritt nicht as in aufklärung / teleologie / große erzählung verwenden wollte, sondern as in: gewinn an ästhetik / strategieschläue / wahrheit. offensichtlich kommen wir da aber auf keinen gemeinsamen ground to walk upon, muss aber auch nicht.

nochmal zu radiohead=u2: schon klar, dass sie sich immer neu erfunden haben, aber man kann ja auch darin stagnieren, sich immer neu zu erfinden. aber nochmal: eigentlich gings mir darum gar nicht (ich konnte und kann teilweise radiohead natürlich eh auch was abgewinnen), ich wollte nur a.) auf allgemeineres (s.o.) hinweisen b.) ein bisschen reaktionen provozieren, die punkt a.) verdeutlichen.

außerdem habe ich nie behauptet, dass man altes nicht zu kennen brauchte (das neue aber eben auch). oder noch allgemeiner: müssen tun wir gar nichts, aber alles geht uns an.

(so und nun sind es keine 13 commenst mehr, so viel zu neurosen)

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