Freitag, 31. März 2006

Rock can dance

clorDie londoner Formation Clor zimmert Tanzmusik für die kleinen Leute.

Fusion ist das Zauberwort. Was als müde vor sich hin prophezeites 80er-Revival begann, entwickelte sich schließlich unter dem Zutun eines österreichischen Thronfolgers (Franz Ferdinand – „Music to make the girls dance“) und den zwischen Übermut und Melancholie oszillierenden Hymnen der charmanten Franco-Kanadier von Arcade Fire zu einer neuen Form. Im Sinne einer (ja, immer noch) postmodernen Formenvermischung gehört es mittlerweile zum guten Ton, die Rock’n’Roll Gitarre nicht mehr am Verstärker, sondern gleich direkt am Drum-Computer anzuschließen. Disco! heißt die Devise, das zeigen anschaulich Gruppen wie die schweißtreibenden Infadels oder eben auch Clor, die mit einer gewissen Überdrehtheit daran gehen, noch einmal alles durch den Fleischwolf zu drehen, was sich in den letzten beiden Jahren an tanzbodentauglicher Rockmusik angesammelt hat. „I was the bird that buzzed the bees and stole the honey“, heißt es dementsprechend am selbstbetitelten Debut. Und das ist vielleicht nicht wirklich neu, in der vorliegenden Form jedoch definitiv die logische Konsequenz einer popmusikalischen Trendrichtung.
In Zeiten, in denen der durchschnittliche Musikkonsument sich seine Droge nicht mehr im Plattenladen, sondern im P2P-Netzwerk beschafft, tauchen also Gruppen auf, die den Fans das Live-Erlebnis wiederzugeben versuchen, indem sie Musik produzieren, die vor allem dann gut klingt, wenn dazu ausreichend geschwitzt wird. Ebendiese Intention verfolgt auch das Barry Dobbin und Luke Smith mit ihrer Formation Clor, was etwa im Werdegang der Band bemerkbar ist. Am Anfang stand der pure Wille, den selbst organisierten DJ-Abend in einem kleinen Club im Londoner Soho mit eigenen Songs aufzulockern, mit anderen Worten: Musik für den Freundeskreis zu schaffen. Dabei scheint jedes Mittel recht: Das Experiment, das Spielen mit Einflüssen ist hier zentrales Schaffungsprinzip. Von dieser Grunddisposition ausgehend, könnte man Clor nun nach dem Genuss ihres Albums vorwerfen, dass sie noch nicht im Stande sind, ein konsistentes Songwriting zu realisieren (was bis zu einem gewissen Grad wohl auch nicht von der Hand zu weisen ist) würde dabei aber auch jenen spielerischen Ansatz negieren, der dieses Album als bindendes Element zusammenhält. Clor integrieren Glam-Rock-, Funk- und Electroclash-Elemente in ihren Sound, schicken ihre Spuren auf die Reise, lassen sie kollidieren, sich widersprechen, sich überlagern und den Hexenkessel blubbern, während sie mit großen Augen daneben stehen wie Kinder vor dem Weihnachtsbaum: Man weiß noch nicht so recht, was passiert, aber es macht Spaß. Und schließlich ist es genau das, was zählt, am Tanzboden. Jene Erfahrung mit dem Clubpublikum ist es auch, die sich schließlich auch in der Kompilation des Albums niedergeschlagen zu haben scheint. Tempo und Tanzbarkeit modulieren gekonnt und geben dem durchschnittlichen Arbeiterkind nur hin und wieder gerade genug Zeit, um am Tresen ein neues Pint zu ordern, bevor man es wieder mit einem Shufflebeat zurückruft. Unter das Licht der Discokugel. Dorthin, wo heutzutage der Rock zuhause ist.

Clors selbstbetiteltes Debut ist bei Regal (Capitol) erschienen.

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