Sonntag, 5. Juni 2005

Denken in weitesten Sinne

Die Mitglieder einer deutschen Diskursrockband, deren Name dem hier vorgestellten Buchtitel nicht ganz unähnlich ist (Zufall) antworten gerne dem ihnen in Interviews oft gemachten Vorwurf, ihre Musik sei zu verkopft, dass denken auch Spaß machen könne. Spaß macht auch Gendertronics, ein Reader mit Aufsätzen der üblichen Verdächtigen unter den Verkopfte-Popmusik-Apologeten aus dem Umfeld von Spex, club transmediale und restlicher Pop-Intellektuello-Schreibe.

Die Grundthese (elektronische Musik hat die Welt auch nicht verbessert) ist zwar traurig, aber das macht fast nichts. Man muss gar nicht alles verstehen oder unterschreiben können, diese herrliche Theorie ist eh nur als Entschuldigung dafür da, dass man das, was man zufällig schon gut findet (Rums-Bums-Musik, postmoderne Theorie und Feminismus in dem Fall), guten Gewissens noch besser finden kann. Meinecke palavert mit Bonz über irgendwas, Karnik hat einen Fanbericht zu Cunningham geschrieben, Diedrichsen schwebt ihn Höhen, zu denen leider niemand außer er mehr Zugang hat und Brillowska zeichnet düstere Sci-Fi-Visionen, um mal nur ein paar wahllos rauszugreifen. Das ist alles sehr vielfältig, selten blöd und nie langweilig. (Und: Ja, der Band tut der beklagten zahlenmäßigen Unterrepräsentanz weiblicher Akteure im Gebiet keinen Abbruch) Dazu gibt’s noch zum Niederknien hübsche Zeichnungen von Jan Rohlf und persönliche Statements, wie man so schön sagt, von den Künstlern Miss Kittin und Marc Weiser.

Eine Lösung für die enttäuschten Versprechen der elektronischen Tanzmucke finden die AutorInnen leider nicht, und so ganz kriegt man den Eindruck nicht los, dass halt doch der VÖ-Termin schon nahe und dann hat die Herausgeberin eben nochma gefragt, wie das denn jetzt so ist und zackwums morgen früh am Schreibtisch, aber egal - trotzdem 10 von 10 Discokugeln (und in der besten aller möglichen Welten ist so was Grundlage fürs Einführungsseminar fürs Grundstudium Popmusik mit Wahlfachstudiengang Coolness, und hey, hast du schon mal wo "im Zeitalter der Post-Ironie" gelesen, na eben.)

(Ich hätte ja auch gerne noch mal eine Stelle zum Andiskutieren hier rausgecopypastet, aber wo soll man denn da anfangen. Also bitte selber lesen, selber reflektieren im stillen Studierzimmerkämmerchen.)

Jansen, Meike [Hrsg.] : Gendertronics. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 2005

"in allen dingen schläft ein lied"

filmfestival bedeutet für den gewöhnlichen programmkinoabschaum und die notizblockkinogeherfraktion ostern und weihnachten zugleich, und so tingelte man zu den ungewöhnlichsten tages- und nachtstunden ins lichtspieltheater und guckte sich bis jetzt an:

ljubljana, so eine art berlin alexanderplatz des laibach der 90er, leider ohne die gleichnamige band, dafür aber mit wunderbaren drogenverherrlichungszenen, was die rotweintrinker unter den notizblockschreibern zu dem harten und falschen urteil verführte, der regisseur habe sich dann noch weiterentwickelt, aber der film sei eben noch ein wenig dings. sehr schön auch die endlich mal halbwegs akzeptabel gelöste wie-eine-tanzende-menge-darstellen-problematik.

paradise girls dann auch ganz nett, nur dass mich in meiner heuschnupfeninduzierten schädeldumpfheit die herzzerreißende geschichte mit dem herzkranken baby dann doch emotional überfordert hat, aber man soll bei filmfestivals nie undankbar sein, zumindest wurde noch kein einziger mate getrunken oder ein sehr, sehr entfernt lebender verwandter aufgesucht.

heute morgen dann mirakel des local hero christian berger, ganz groß irgendwie, haarscharf am langweiligen anti-heimatfilm-klischee vorbei, mit viel kameramann-und-licht-schnickschnack, wunderbar hochdeutsch sprechenden bergbauern und einem entzückend schönen soundtracks von werner abgott pirchner, den ich studentische popsau ja sonst immer zugleich zu avantgardistisch-jazzig-intellektuell und prollkulthaft-kindlich-provinziell zugleich finde (wobei eingeräumt sein will, dass ein bißchen zu der abneigung dazuspielen mag, dass er von den falschen leuten geschätzt wird. seine ö1-signations sind eh dufte.)

und am hinweg sagt eine junge frau in ihr telefon "ja aber zwischen dir und mir hat sich in letzter zeit die qualität verändert" und nach einer kurzen pause "ja, genau".

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