Freitag, 8. April 2005

wenn ja, dann kommt es wenigstens nie durch

beim blumenau heute eine nepotismus-apalogie, weil er gestern auf dem konzert von einem kollegen war. gestern haben auch wir vom creekpeople-resort-team auf zwei hochzeiten getanzt, die natürlich auch beide, wenn schon nicht gerade von unseren neffen, so doch von unseren zumindest indirekten freinderln und bekannten waren.

zuerst mußten wir noch austrinken und dann haben wir noch g. und e. getroffen und dann sind wir rein ins zukunftszentrum, das so zukünftig ist, dass es stunden dauert, bis der ganze flash-intro-scheiß geladen ist. anläßlich der dortigen women-schwerpunktwoche haben die hoch sympathischen damen von der weiberwirtschaft zu einer modenschau gebeten, und modenschau war man ja auch noch nie, und es war auch sehr nett und amüsant dort, nur dass das handy von der frau neben mir einen coldplay-ringtone hatte (i don't belong here, habe ich gedacht, und das dann den ganzen abend lang als ohrwurm gehabt, und es hat auch oft gestimmt). am besten hat mir das t-shirt mit der aufschrift bitte nicht knicken gefallen. eigentlich war dort auch noch eine ausstellung, aber das einzige was ich davon gesehen habe, waren barbie- & kenbilder, also alles klar.

wir mußten denn auch weiter, denn ein paar menschenleere straßen weiter hat der umstriebige e. eine studentenfilmnacht (open beamer sozusagen) auf die beine gestellt und nebenher noch eine theaterpremiere, weswegen er erst kam, als der herr creekpeople schon gegangen war, weil müde und schlechte filme. dann wurde es aber immer besser, das mädchen, das neben mir gesessen ist, hat zu ihrer freundin gesagt, es seien doch ziemlich psychologische filme, die da gezeigt würden. vielleicht hat sie recht gehabt, was weiß man schon. meine drei favouriten waren jedenfalls "don't speak" eben vom e., in dem er den schönen satz sagt: "wenn ja, dann kommt's wenigstens nie durch", dann stan, was so eine orwell-sache war, wo ich mir aber den regisseur nicht gemerkt habe, und dann noch "prank", den e. aus köln mitgebracht hatte, wo sie leute in einer prolldisko auf dem klo interviewen und so tun, als wüden die dann berühmt, wenn sie was geistreiches sagen. es wäre dann sogar noch weiter gegangen, aber ich war auch müde und sagte zu dem mädchen neben mir, dass ich aufstehe, weil wir sind auf einer bierbank gesessen, die kippen ja sehr leicht, wenn man ganz außen sitzt und dann einer aufsteht.

Zimmer mit Sonnblick

Mit einiger Verspätung nun doch noch ein Nachbericht zu den Rauriser Literaturtagen, bei denen ich letzte Woche im Rahmen einer Uni-Exkursion zugegen sein durfte. Es hätte schneller gehen können, doch nach eingehendem Studium jener Notizen, die ich mir in bester Reise-Manier gemacht hatte, musste ich beschließen, dass dieser pseudomelancholische Stimmungsschwachsinn, der sich da breit gemacht hatte, sicher nicht am Blog noch einmal aufgewärmt werden sollte. Deshalb jetzt ein Rückblick, der weitgehend aus dem Gedächtnis kommt. Und die Erinnerung haben wir, wie Urs Widmer gesagt hat, sowieso erst in einem Jahr.

Wer nicht unbedingt weiß, wo Rauris liegt, hat das selbe Problem wie ich vor zwei Wochen. Und auch während der Anreise löst sich das Problem nicht wirklich. Rauris versteckt sich. Ein Bahnhof, den man sich mit einer anderen Gemeinde teilt und der einem das Gefühl gibt, ein Ticket ins Nirgendwo gelöst zu haben. Dann eine Busfahrt hinein in ein Tal, die Berge schließen sich hinter einem wie Sargdeckel. Und dann dieser kleine Ort, der von Anfang an seine Provinz nicht leugnet. Schließlich die Frage: Was zum Teufel machen Literaturtage an einem derart gottverlassenen Ort? Die Antwort, keine Ahnung, aber sie machen es gut.

Mitwoch, 30. 3.05
Die Eröffnung konnte dem Provinzmief noch nicht wirklich etwas entgegensetzen. Nicht enden wollende Lobhudeleien von Bürgermeistern, ihren Stellvertretern und Stellvertretern von Landeshauptleuten, ORF-Fuzzys und ähnlichem. Und schließlich die ersten Worte einer Frau, die uns in diesen Tagen noch öfter begegnen sollte, sowohl als Moderatorin, als Organisatorin und als Laudatorin: Brita Steinwendtner, der Mensch gewordene Konjunktiv. Kein Satz, der sich nicht mit "vielleicht" einleiten ließe. Vielleicht könnte, sollte, müsste man, ja, vielleicht. Und all das gegossen in eine Stimme, die ohne Weiteres eine Sendung wie die Ö3-Kuschelecke moderieren könnte (gibts die noch?- anno dazumal von einem gewissen Dominic Heinzl moderiert, der an dieser Stelle noch einmal kräftig verachtet sein soll). Die Stimme rief dann nach quälenden Minuten endlich die Preisträgerin des Rauriser Literaturpreises aufs Podest: Christine Pitzke, die den Preis für ihren Debut-Roman "Versuche den Morgen zu beschreiben" erhielt, stakste verhalten auf die Bühne. Man dachte an einen Franzobel-Text: "jetzt wirst du preisgegeben." Nachdem auch sie sich noch letzte Dankesworte abgerungen hatte, setzte sie zu einer Lesung an, während der schon erste Opfer einschlafen. Darunter auch einer der begleitenden Professoren.

Donnerstag, 31.3.05
Morgens Studentischer Arbeitskreis mit der Preisträgerin, in dessen Rahmen einem Buch, welches seinen Hauptreiz aus allgegenwärtigen Leerstellen bezieht, sämtliche Mysterien genommen wurden. Nachmittags Lesung des Förderpreisträgers Peter Blaikner, der mit pfiffigem (und das Wort sollte schon stutzig machen) Holzhammerschmäh die Geschehnisse während der Salzburger Bauernaufstände (um 1500) vertextete.
Und abends schließlich die Fahrt auf die Heimalm, zu den Lesungen von Peter Steiner und Dietlind Antretter, die in Anwesenheit der gesammelten Haymon-Verlagsmannschaft, ihren Debut-Roman "immer wie immer" präsentierte. Nicht unbedingt Weltliteratur, aber eine Stimme, von der man sich den ganzen Tag lang vorlesen lassen will. Diesen leicht ins sphärische gleitenden Ton hielt dann auch Peter Steiner durch, zumindest thematisch. Passend zum Motto der Literaturtage (Worte und Orte) las er aus drei Werken, die an allen erdenklichen Flecken der Erde spielten, von Südamerika, bis there, and back again. Zu bemerken war, dass es offensichtlich nur in Rauris möglich ist, eine Lesung von mehr als zwei Stunden Länge zu machen, während das Publikum trotzdem aufmerksam bleibt. Wahrscheinlich die Bergluft. Apropos Berg: Der Ort für Steiners Lesung hätte, wie mir A. erklärte gar nicht besser gewählt sein können. Der Vorname, Peter, also Petrus, der Stein, dann der Nachname, Steiner, schließlich die Tatsache, dass er eigentlich Geologie studiert habe und dann auch noch die Lesung auf den Hängen eines Berges. Oft kommt einfach alles zusammen.

Freitag, 1. 4. 05
Wieder ein Einstieg in den Tag mit einem studentischen Arbeitskreis, diesmal mit dem Schweizer Urs Widmer. Diesmal führten das Gespräch wir und nicht die euphorisierten, sehr taktil veranlagten Salzburger (da war einer, der jedem mit dem er sprach kumpelhaft die Hand auf die Schulter legte. Man hätte sie ihm abhacken sollen). Den Nachmittag vertrieben wir uns auf einer Stör-Lesung (kurz erklärt: Dichter lesen in Eigenheimen), einem genuin Rauris'schen Phänomen, welches man überall auf der Welt einführen sollte.
Das Abendprogramm bot dann zwei Autoren, die viel bekannter werden sollten, als sie es sind. Einerseits Leo Tuor, einem von ca. 40000 Sprechern des Sursilvan, der trotz dermaßen geringem Publikum, seine Bücher in genau diesem Dialekt des Rätoromanischen verfasst. 14 Jahre als Schafhirte auf der Alm hätten ihm ein Gefühl für Massenmanipulation gegeben, sagt er: "Wenn ein Schaf über den Abgrund stürzt, würden alle Schafe über den Abgrund stürzen, sagt man. Ich habe das eher bei Menschen bemerkt." So schafft man sich Freunde.
Der Abend gipfelt dann in einer Doppellesung von Karl Markus Gauß und Peter Stefan Jungk, denen man anmerkte, dass sie einmal Schulfreunde waren. Einziges Manko war die bereits stark spürbare Betrunkenheit meinerseits sowie die Saaltemperatur. O-Ton Jungk: "Wie lang lesen wir eigentlich? Jetzt ist es eine Stunde. Wenn ich auf eine Lesung gehe, bin ich nach einer Stunde völlig erschöpft." Widersprochen hat ihm niemand.

Samstag, 2. 4. 05
Das "Gespräch über die Kindheit" leitete den Tag ein und präsentierte als Teilnehmer neben Tuor, Gauß und Jungk vor allem ein neues bzw. frisch angekommenes Gesicht: Herta Müller (die sich bei mir später noch derart unbeliebt gemacht hat, dass sie hier sicher nicht verlinkt wird). Sie ließ sofort bemerken, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen ist. Niemals zuvor war Verbitterung so greifbar.
Nachmittags dann, für mich, der eigentliche Höhepunkt des ganzen. Nach der Friedrich Zauner, der bekömmliche Geschichten aus dem Niederösterreich der Neunzehnhundertwende zum Besten gab, betrat endlich der göttliche Franzobel die Bühne. Wie immer gackerte der Saal, nach einer kurzen Aufwärmrunde, munter drauflos und so viele Bücher wie an diesem Tag, hat der gute Stefan Griebel wohl schon länger nicht mehr zu signieren gehabt.
Finale der Literaturtage fand dann Abends in der einzigen ****-Absteige in Rauris, dem Rauriser Hof, statt. Nach dem Bereits erwähnten Urs Widmer und der noch einmal verteufelten Herta Müller betrat der alt ehrwürdige Milo Dor die Bühne. Ein großer Mann, dass ließ sich nicht leugnen. Und wer mit 82 Jahren noch so blitzgescheit mit seinem Publikum umgeht gehört geliebt. Dementsprechend auch der wunderbare Abschluss des Abends mit dem Text "Die erste Liebe". Milo Dors Erinnerung an seine erste Schreibmaschine, die er irgendwann verkauft, als er sich eine neue zulegt. Zitat: "Ich habe meine große Liebe für ein billiges Flittchen eingetauscht." Wir drücken uns derweil eine Träne im Augenwinkel aus - denn man kennt das Problem. Sauer schmeckt das Brot der Einsamkeit.

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